Gunnesch, Stefan: ICONOTHECA ABSTRACTA
Der Ausgangspunkt des Künstlerbuches ist die schwedische Künstlerin Hilma af Klint (1862–1944), die als Pionierin der abstrakten, symbolisch aufgeladenen Kunst gilt. Um 1906 schuf sie eine Vielzahl von großen Gemälden und über 26.000 Seiten an Notizen und Tagebüchern, die ihre spirituellen und künstlerischen Gedanken detailliert dokumentieren, darunter besonders das Notizbuch Nr. 588 „Blumen, Moose und Flechten“ von 1919/1920 - ein Hybrid zwischen Herbarium und Tagebuch, in dem af Klint jedem darin datierten Tag eine Pflanze zuordnet, die sie in geometrischen Darstellungen mit Richtlinien festhält.
Das Leporello von Stefan Gunnesch geht damit in Dialog: Die abstrakten Anleitungen und Schemata, die af Klint für jede Pflanze entwickelte, werden befolgt, um die Gewächse neu zu visualisieren. Es entstehen gezeichnete Pflanzenmuster, die sich zwischen Darstellung, Abstraktion und sinnlicher Interpretation bewegen: auf der einen Seite ist eine Sammlung von 12 Pflanzendarstellungen, denen Tagebucheinträge der Künstlerin gegenübergestellt sind. Auf der entsprechenden Rückseite werden jeweils die Textfragmente von af Klint zugeordnet und durch Texte des Buchkünstlers kommentiert.
Hilma af Klint bezog sich in ihrer Arbeit unter anderem auf Goethes Farbenlehre. Goethe ging weit über die damals etablierte wissenschaftliche Betrachtung der Farben hinaus – er sah Farbe nicht nur als physikalisches Phänomen, sondern untersuchte auch ihre Wirkung auf die menschliche Seele. Er ordnete Farben emotionale Qualitäten zu, die bis heute oft intuitiv verstanden werden.
Für af Klint, die sich intensiv mit spirituellen und okkulten Themen auseinandersetzte, bot Goethes Farbenlehre eine Grundlage, um die symbolische und emotionale Wirkung von Farben zu verstehen und gezielt in ihren Gemälden einzusetzen. Sie nutzte Farben, um komplexe Ideen und spirituelle Konzepte auszudrücken und entwickelte ein System von Farben und Formen, das symbolische Bedeutungen und Emotionen übermitteln sollte. Ihr Bezug auf Goethes zeigte, wie sie wissenschaftliche und spirituelle Theorien in ihrer Kunst verband, um die Betrachter in eine andere Bewusstseinsebene zu führen und ihnen einen Zugang zur „unsichtbaren“ Welt zu ermöglichen.
Im Umschlag findet sich Beginn und Ende des Gesprächs sowie biografische Informationen zu af Klint. Das Buch wird in einer Holzschachtel aufbewahrt – angelehnt an die archivierten Arbeiten af Klints, die nach ihrem Tod zunächst 20 Jahre lang in Holzkisten versiegelt unter Verschluss gehalten wurden.
Die Pflanzenzeichnungen sind partiell mit Wasserfarbe koloriert, so dass jedes Exemplar ein Unikat ist.
dt., eng., Zeichnung, Giclée-Druck, teilweise handkoloriert mit Wasserfarbe, Leporello in Holzkiste, 24 S., 13 x 38 cm, Aufl. 12, num., sign., Leipzig, 2024, Edition Bildschriftlich
Verfügbarkeitsanfrage
zurückweiter