Galerie DRUCK & BUCH eröffnete mit Burgi Kühnemann in neuen Geschäftsräumen
TÜBINGEN (wit). Eine wunderbare und wundersame Bilderschau, keineswegs nur für Hundefreunde: In der Tübinger Bachgasse 15 sind derzeit Burgi Kühnemanns boshafte Übermalungen „Ungezogen - umgezogen" zu sehen. Mit ihr präsentiert sich die Galerie DRUCK & BUCH in völlig neuer Umgebung.
Hier war einst der Mädchentreff und dann lange nichts mehr. Nun hat Galeristin Susanna Padberg, nachdem sie kurz entschlossen die knapp 24 Quadratmeter in der Nauklerstraße (zur Untermiete bei der Buchhandlung Flick! gegen drei Mal soviel Platz in der Bachgasse einzutauschen trachtete, schwer Hand angelegt. „Was für andere Läden eher von Nachteil ist, das ist für mich ideal", hat Padberg erkannt: Kaum Schaufenster, kaum Laufkundschaft - Handys lassen sich an dieser eher ruhig gelegenen Altstadt-Strecke wohl schwer nur verkaufen.
Padberg, die die seit zwei Jahrzehnten bestehende Galerie DRUCK & BUCH seit zehn Jahren betreibt, freut sich nun über einen Bestands-Raum im Eingangsbereich, einen Ausstellungs-Raum sowie die Büro- und Archivzimmer dahinter. Dort aber, wo die Ausstellungen ihren Ort finden, ist nun bis zum 7. Januar ein Teil des fruchtbaren Wirkens der Buchkünstlerin Burgi Kühnemann zu betrachten: Hintersinnige Arbeiten rund um den Hund zumeist, wie sie teils nach der Tübinger Finissage gleich weiter wandern nach Offenbach (ins Klingspor-Museum), nach Frankfurt (ins Museum für Angewandte Kunst) und, was die Kühnemann-Agentin Padberg besonders beglückt, nach Eindhoven ins Abbe-Museum.
Gemeinsam mit dem Museum für Angewandte Kunst bringt Padberg jetzt eine 200er-Auflage von Burgi Kühnemanns Unikatbuch „Akt nebst eingeführter Hundemalerei und einem Text: Hundes deutsch" heraus: Hier widmet sich die knapp siebzigjährige Künstlerin insbesondere dem hündischen Blick gegenüber den Nackedeis. Überhaupt nimmt Burgi Kühnemann das Thema Herr(chen) und Hund leichthändig und spielerisch auf, nicht ohne die tiefere Dimension von Propaganda und Werbung: Des Menschen bester Freund steht schließlich für die fabelhafte Seelenverwandschaft zweier Wesen über alle Zeitläufte hinweg, die auch psychosozial gesehen werden kann.
Das Jahr 1945 als Sollbruchstelle blendet Kühnemann aus. Es gibt die Kontinuität, die an der Ausstellungs-Wand Hitlers Schäferhund „Blondie" in eine Linie mit Täter-Herrchen, aber auch den beiden vor Hitler geflohenen Geistesköpfen Einstein und Thomas Mann stellt Überhaupt taucht die speziell deutsche Geschichte unter allen Übermalungen ausgiebig auf- zur Kenntlichkeit entstellt, nie aber „verherrlichend", wie ein Vernissagen-Gast offenbar vermutete. Burgi Kühnemanns Kunstbücher sind augenzwinkernde Sichtungsversuche aus persönlichem Blickwinkel. Dabei ist sie nicht einmal Hundeliebhaberin. Einen Vierbeiner hält sie sich schon gar nicht.